Hybride Beratung ist alternativlos

Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung rasant vorangeschritten, auch Versicherungsmakler kommen nicht mehr ohne Online-Tools zurecht. Warum der persönliche Kontakt zum Kunden trotzdem wichtig ist.

Die digitale Transformation betrifft alle Bereiche des Versicherungsgeschäftes

Von der Absicherung gegen Cyberkriminalität über digitalen Kundenservice wie Chatbots bis zur Erschließung digitaler Vertriebskanäle – die digitale Transformation betrifft alle Bereiche des Versicherungsgeschäftes. 

Eine Grafik des GDV zeigt dies eindrucksvoll: Seit die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen Menschen weltweit ins Home-Office gezwungen haben, ist der digitale Wandel rasant vorangeschritten. Nutzten Mitte 2019 täglich 13 Millionen Menschen weltweit das Chat-Tool Teams der Firma Microsoft, so waren es im April 2021 145 Millionen.² Das hat auch Auswirkungen auf das Vertriebsgeschäft. Für Vertriebler ist es inzwischen selbstverständlich, Kunden im Internet anzusprechen und online zu beraten.

Dem digitalen Kontakt folgen häufig analoge Schritte: Die ausgedruckte Police wird per Post verschickt und im Maklerbüro unterschreiben oder es findet eben doch ein persönliches Gespräch im Wohnzimmer des Kunden statt. Experten sprechen deswegen von hybrider Beratung.

André Schröter ist Vertriebsdirektor West bei Swiss Life Deutschland und sagt: "Hybride Beratung bietet viel mehr Möglichkeiten als die Nutzung einzelner Tools. Das fängt bei der Gestaltung der Homepage an und hört bei der digitalen Unterschrift noch lange nicht auf.” Hybride Beratung lässt Kundinnen und Kunden die Wahl, ob sie digital oder analog mit ihren Maklern in Kontakt treten wollen. Wer zum Beispiel im Internet nach “Berufsunfähigkeitsversicherung” in seiner Stadt sucht und auf die Homepage eines Maklerhauses trifft, kann im Idealfall auswählen, ob er anruft, eine Whatsapp-Nachricht schreibt oder digital einen Termin für einen Videocall vereinbart. Am Ende des Beratungsprozesses entscheiden Kunden idealerweise selbst, ob sie ihre Unterlagen per Post zugeschickt bekommen oder im digitalen Ordner darauf zugreifen können. Die Strategie besteht also darin, alle Kontaktwege in Form eines Omnikanal-Konzepts zu bedienen – und jedem die Entscheidung zu überlassen, welche Richtung er einschlägt.

Versicherungsabschluss im Netz noch nicht die Norm

Die hybride Herangehensweise hat viele Vorteile. Wer online und analog unterwegs ist, ist flexibler und vielseitiger – und im Zweifelsfall vertrauenswürdiger. Während Konsumenten es heute gewohnt sind, viele Geschäfte online zu tätigen – das Angebot reicht von Büchern über Kleidung bis hin zu Medikamenten und Autos wie den Tesla, den es fast ausschließlich im Internet zu kaufen gibt – sind sie häufig aber noch zurückhaltend, Versicherungen im Netz abzuschließen. “Der persönliche Kontakt ist immens wichtig,” sagt André Schröter, “sobald persönliche Daten wie Krankenakten oder Gehaltsauskünfte preisgegeben werden müssen.” Nicht jeder möchte diese Angaben auf digitalen Plattformen machen, sondern lieber seinem Makler persönlich anvertrauen. Denn gerade in ländlichen Gegenden betreuen Maklerinnen und Makler ihre Kunden schon seit mehreren Generationen. Und wen man kennt, dem vertraut man eher als einer anonymen Plattform. “Wenn die Möglichkeit des persönlichen Gesprächs weiterhin besteht, schließen Sie keine Kundengruppen aus”, sagt Schröter.

Der Vertriebsexperte kennt daher auch nur drei Makler, die ausschließlich digital arbeiten. Möglicherweise liegt das auch am Durchschnittsalter in der Branche, das Schröter auf Anfang 50 schätzt. Anders als die sogenannten Digital Natives erinnert sich diese Generation noch gut an ein Leben ohne Smartphone und Online-Shops – mit Telefonbuch und Ladenschluss um 18 Uhr. “Im Moment ist die hybride Beratung alternativlos”, sagt Schröter – auch wenn er sich vorstellen
kann, dass dies in 15 Jahren ganz anders aussieht. Sollten sich bis dahin alle Dienstleistungen rein auf der digitalen Ebene abspielen, so könnte auch dies eine Langzeitfolge der Corona-Pandemie sein.  

Neue Prozesse so früh wie möglich testen

Wichtig ist für die Versicherungsbranche daher wie für jeden anderen Wirtschaftszweig: immer auf der Höhe der Zeit bleiben. "Ab einem gewissen Punkt kippt ein Trend und dann kann ich mich nicht mehr dagegen stemmen", sagt Schröter. Klar ist: Wer sich so früh wie möglich mit neuen Prozessen beschäftigt, gehört auch in Zukunft zu den Gewinnern.

Die gute Nachricht für alle, die noch zögern, lautet daher: Es war noch nie so einfach, digital zu werden. Vertriebsdirektor André Schröter gibt gerade erfahrenen Kollegen zu bedenken: "Je digitaler ein Bestand ist, desto leichter können Sie ihn einmal an Ihre Nachfolger übergeben." Denn der Prozess der Digitalisierung von Kundendaten erfordert sorgfältige Pflege und manchmal auch knallhartes Aussortieren veralteter Daten. Ausmisten im Business sozusagen. Und: Weil digitale Prozesse kostengünstiger und effizienter sind als analoge, bleibt am Ende auch mehr Nettoerlös übrig.

Erfahrung trifft auf Neugier

Der eleganteste Weg zu digitaler Nachhilfe besteht darin, Nachwuchs einzustellen, glaubt André Schröter. Wie läuft die Gesundheitsprüfung im Netz? Wie digital sind Vorsorgeprodukte? Für einen zwanzigjährigen Berufsanfänger steht im Mittelpunkt, wie digital eine Gesellschaft bereits arbeitet. “Wenn eine ältere Kollegin ihre Beratungsexpertise mit dem Nachwuchs teilt, sind die beiden ein unschlagbares Team”, empfiehlt Schröter. Der Vertriebschef kennt diese Konstellation, da er selbst erst seit wenigen Monaten bei Swiss Life arbeitet. Bei der Einarbeitung unterstützte ihn ein Kollege, der bereits seit 35 Jahren bei der Gesellschaft ist. Erfahrung trifft auf Neugier – so könnte auch das Rezept für eine erfolgreiche Zukunft der Branche lauten.

Veröffentlicht am: 13.09.2021 

André Schröter, war vor seiner neuen Tätigkeit bei Swiss Life zehn Jahre lang im Vertrieb der Gothaer Leben tätig. Seine erfahrungsreiche Zeit mündete für den studierten Wirtschaftswissenschaftler und Fachwirt für Finanzen und Versicherungen nach diversen Positionen innerhalb der Gothaer-Gruppe in der vertrieblichen Gesamtkoordinierung des LV-Segments im Partnervertrieb (Banken, Pools, Vertriebe, Makler) des Unternehmens. Er sammelte dabei sowohl strategische als auch operative Vertriebserfahrung und verfügt über ein umfangreiches Netzwerk in die Maklerschaft.

 

Das könnten Sie auch interessieren: